Liebe Kommilitoninnen, liebe Kommilitonen!

Im Referat für internationale Studierende (RiS) im AStA engagieren sich Studierende aus vielen Ländern, damit wir unsere Universität und Welt gemeinsam menschenwürdig verändern. Hier berichten wir von unserem Engagement der letzten 12 Monate.

Der globale Konflikt um eine neue Weltordnung ist eine historische Umbruchsituation. Uns bewegt, mit Solidarität und Aufklärung die zerstörerische Konkurrenz und Gewalt zu überwinden. Wir setzen auf die Selbstermächtigung der Vielen, gleiches Menschenrecht, Frieden und darauf, eine nachhaltige Entwicklung für alle zu erringen. Das teilen wir mit vielen an der Uni Hamburg und weltweit.

Angesichts von grassierender (Studierenden-)Armut und internationalen Konflikten liegt die Hoffnung im gemeinsamen Engagement: für eine gerechte Studienfinanzierung (BAföG für Alle!), für friedensorientierte Wissenschaft und Bildung, für Völkerverständigung und soziale Verantwortung in allen universitären Fächern, für praktizierte Solidarität im Alltag. Wir knüpfen Verbindungen zu Bewegungen mit engagierten Kommiliton:innen hier und in allen Weltteilen.

Frieden und die gleiche Würde aller Menschen brauchen ein neues sozio-ökonomisches Fundament. Die Verteidigung der untergehenden einseitigen US-Hegemonie durch Wirtschaftskrieg und militärische Interventionen schafft dagegen nur größeres Elend und auch aggressive Reaktion. Diese Spirale der Gewalt zu unterbrechen und durch weltweite menschenfreundliche Kooperation auf allen Ebenen – von der persönlichen Begegnung über Wissenschaftskooperationen, bis zu ökonomischen Verflechtungen und zwischenstaatlichen Beziehungen – zu ersetzen, ist eine humane Energie, die von den Universitäten und von studentischer Bewegung ausgehen kann und sollte.

Die Universitäten sind Stätten, an denen wir uns für eine lebenswerte, friedliche Zukunft verbünden können. Menschen aus nahezu der ganzen Welt studieren und lehren auch an unserer Uni. Das ist ein Schatz an Perspektiven, Erfahrungen und Begegnungen, der gehoben werden muss. Dafür sind wir im RIS aktiv: Mit Informationen und Veranstaltungen, Vernetzung studentischer Bewegungen, mit kulturellen Veranstaltungen, Seminaren und in Beratungen und Sprechstunden. Wer mitwirken will, ist immer eingeladen!

Euer RiS-Team

Chrissy, Farnaz, Golnar, Ira, Justin, Jhino, Lucas und Olesya

Die Würde des Menschen – ein soziales Recht und kein „Konjunktiv“!

Zunehmend dringt, aufgrund studentischer Proteste, in das Bewusstsein der Öffentlichkeit, dass die soziale Lage der Studierenden verbessert werden muss. Doch in Zeiten der Militarisierung werden für die Militärausgaben Deutschlands 86 Mrd. Euro im Jahr zur Verfügung gestellt – für Bildung, Gesundheit, Entwicklung, Wirtschaft & Klima, Wohnen, Auswärtiges und Umwelt zusammen nur 76 Mrd. Euro. Ein Abgrund. Dagegen kämpfen wir auch, indem wir uns am Aufbau einer Kampagne für „BAföG für Alle“ beteiligen. Alle Studierenden sollen einen Anspruch auf diese staatliche Förderung (unabhängig von Pass, Herkunft, Einkommen der Eltern und Alter) erhalten, denn sozial offene Bildung ist im Interesse der großen Mehrheit.

Gegen Diskriminierung: Bildung ist ein universelles Menschenrecht!

Die Verknüpfung der Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Studiums mit einem Finanzierungsnachweis in Höhe des BAföG-Höchstsatzes für ein Jahr (11.300 Euro) ist eine rassistische Diskriminierung, die überwunden werden muss. Sie dient dazu, alle permanent unter schärferen Anpassungsdruck zu setzen. Gegen die globale Ungleichheit ist eine soziale Öffnung des Hochschulzugangs auch für internationale Studierende ein Ausgangspunkt für gesellschaftlich notwendige Bildungsgerechtigkeit. Dafür bilden wir in Hamburg und bundesweit Bündnisse, unter anderem mit dem Bundesverband Ausländischer Studierender (BAS) und wirken für den Aufbau einer BAföG-Kampagne.

Durch den BAS sind wir beteiligt am Kampf für Reformen des Aufenthaltsgesetzes. Dieses Gesetz und die Regelungen „für“ ausländische Fachkräfte machen diskriminierende Spaltungslinien zwischen Menschen auf: zwischen „Inländern“ und „Ausländern“ und zwischen „verwertbaren“ und „belastenden“ Menschen. Diese strukturelle Konkurrenz soll vom eigentlichen Gegensatz zwischen den wenigen Superreichen und den Vielen ablenken. Wir fordern gleiche Rechte für alle! Mit Reförmchen, wie der Ausweitung der Arbeitserlaubnis für ausländische Studierende auf 140 Tage oder leicht vereinfachten Einwanderungs- und Aufenthaltsregelungen, geben wir uns nicht zufrieden. Es geht aber darum, eine international solidarische (Studierenden-)Bewegung aufzubauen, die gegen die Hetze der AfD und die Rechtsentwicklung der bürgerlichen Parteien durchsetzt: „Alle Menschen sind frei und gleich geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.“ (Allg. Erklärung der Menschenrechte der UNO)

Soziale Inklusion statt Diskriminierung!

Wir beteiligen uns auch an der Kampagne für die Wiedereinführung der Barzahlung in den Mensen. Die Zahlung nur mit Kredit- und EC-Karte schließt gerade ärmere Menschen, auch internationale Studierende (teilweise ohne inländisches Konto), aus und bringt neben der Demütigung auch für alle eine technizistische Unkultur in die Mensen. Teuer, überflüssig und wieder abzuschaffen!

Diese Auseinandersetzung steht im Kontext einer Kampagne für bessere Finanzierung des Studierendenwerks, das unter dem Druck von Kürzungen öffentlicher Mittel, Mieten und Mensapreise sowie die Beiträge erhöhen will – wenn wir nicht gemeinsam mobil machen für eine soziale Zeitenwende. Mieten runter in den Wohnheimen und ein Ausbau der Wohnanlagen sind überfällig! Die Praxis der sog. „Wartelisten“ und Verlosung von Zimmern: eine Zumutung! Gute Änderung entsteht nur durch solidarische Bewegung. Wir haben soziale Rechte und demokratische Möglichkeiten, die wir gemeinsam nutzen können. Ob Diskussionen, Demonstrationen, Vollversammlungen – es wird viel organisiert: Beteiligt Euch!

Lateinamerika-Solidarität und Chile

Bis heute wirkt als Strahl der Hoffnung eine demokratische Entwicklung zum Sozialismus in Chile. Sie wurde 1973 brutal unterbrochen durch einen von den USA gestützten Militärputsch. Heute wird dieser Aufbruch mit einer tief humanistischen Programmatik von zahlreichen Bewegungen Südamerikas aufgegriffen. Das fördert auch den Kampf für Souveränität gegenüber internationalen Konzernen und Interventionen von außen. Die Uni Hamburg war 1973 ein wichtiger Ort für Exilant:innen aus Chile, um sich ein neues Leben aufzubauen und das Engagement für menschenwürdige Lebensverhältnisse und gegen die zivil-militärische Diktatur fortzusetzen. Sie wurden von progressiven Studierenden solidarisch empfangen. Der Weg ist ein gemeinsamer Weg geworden. Daran erinnert nicht nur der nach dem Arzt und ermordeten sozialistischen Präsidenten Salvador Allende benannte Allende-Platz vor dem Abaton. Mit Bündnispartnern zusammen erinnern wir regelmäßig an diese Bewegung mit einer festlichen Kundgebung 11. September. 2023 haben wir dort mit Exilorganisationen, Künstler:innen, Studierenden und Wissenschaftler:innen ein Programm auf die Bühne und der Öffentlichkeit zu Gehör gebracht, um die historischen und aktuellen emanzipatorischen Kämpfe für Frieden und sozialen Fortschritt in Kontrahenz zur „Hinterhofpolitik“ der USA in Chile, Brasilien, Kolumbien und Kuba an ein breites Publikum zu bringen.

Antifaschismus und globale Befreiung!

Den 8. Mai als Tag der Befreiung vom Nazi-Faschismus feiern wir jedes Jahr. Das Feiern dieses historischen Ereignisses steht in der Tradition des antifaschistischen Widerstands, den wir heute weiter aufgreifen und verallgemeinern. Der internationale Kampf um eine von Krieg und Elend befreite Welt findet seit 8. Mai 1945 einen spezifischen Ausdruck unter anderem in der kubanischen Revolution, die seit ihrem Anfang Völker der ganzen Welt ermutigt, lehrt und inspiriert, eine auf Menschenrechte basierende gesellschaftliche Veränderung zu verwirklichen.

Den diesjährigen Beitrag des RIS zur großen Fest-Kundgebung auf dem Jungfernstieg anlässlich des Gedenktages haben wir daher in Zusammenarbeit mit der kubanischen Botschaft in Deutschland durchgeführt. Die Vertreter berichteten, wie der große humanistische Impuls der Befreiung 1945 auch die Arbeiterbewegung in Kuba bestärkte und neues Licht im Kampf gegen den Imperialismus warf.

Als Fortführung im antikolonialen Kampf bilden die Befreiung (1945) und die kubanische Revolution (1959) eine prozessual zivilisierende Einheit. Wir setzen uns in Zusammenarbeit mit anderen antifaschistischen Mitstreiter:innen dafür ein, dass der 8. Mai ein gesetzlicher Feiertag wird und alle sich an der Verwirklichung der seither gebildeten Menschenrechte beteiligen.

Für Frieden, auch in Nahost!

Gewalt bringt immer wieder neue Gewalt hervor. Dieser Teufelskreis muss unterbrochen werden. Der Nahost-Konflikt ist politisch zu lösen. Dafür ist die Stärkung aller Friedenskräfte weltweit – auch in Israel und in Palästina – durch internationale Solidarität erforderlich. Unsere Stellungnahme zum gegenwärtigen Konflikt kann man auf unserer Homepage nachlesen (risunihamburg.com | 23.11.2023). Auf dieser Grundlage agieren wir in der Universität und beteiligen uns an Debatten der Studierendenschaft.

Schon vor diesem Krieg haben wir mit Veranstaltungen für friedenspolitische Verständigung auch in Bezug zu Nahost gewirkt, u.a. mit dem Film „Silence Breakers“ mit der israelischen Veteranenorganisation Breaking the Silence und mit „Checkpoint“ im Rahmen des „Kinos gegen Austerität“. Im November war die Historikerin Dr. Tamar Amar-Dahl zu Gast, die die Rechtsentwicklung in Israel erforscht hat („Der Siegeszug des Neozionismus“). Im April organisierten wir einen Vortrag des Berliner Anwält:innenkollektivs, das eine Anzeige gegen die Bundesregierung wegen Beihilfe zum Völkermord gestellt hat. Jetzt begrüßen wir einen Wissenschaftler aus Gaza, der über das Bildungssystem in Gaza als Teil des zivilen Widerstands informiert und diskutiert.

Für Frieden und gleiche Menschenrechte: Bildung, Wissenschaften, Medizin und Künste sind herausgefordert – wir alle! Die studentischen Proteste, in denen Menschen aller Kulturen, Religionen und Herkunft zusammenfinden, sind ein Beweger dafür, Doppelstandards im internationalen Recht zu überwinden, den Krieg zu beenden und eine Friedenslösung zu schaffen. Das ist kein Krieg von Nationen und Religionen. Es ist nicht zu dulden, dass die Rüstungsindustrie mit rechten Kräften weltweit Leben zerstört. Möglichkeiten des Friedens gab es. Sie sind jetzt neu zu schaffen.

Mit dieser Haltung sind wir auch Teil der Initiative für einen Zivilen Hafen (Rüstungsexporte stoppen!) und in der Friedensbewegung bei Ostermärschen, Antikriegstag und anderen Aktionen beteiligt.

Für Zivilklauseln in der Wissenschaft und Wissenschaftsfreiheit für Völkerverständigung!

Beim Bundesverband Ausländischer Studierendenschaften (BAS) haben wir deshalb für eine Verständigung zur Friedensverantwortung der Wissenschaften gewirkt: Im März beschloss die Mitgliederversammlung auf unsere Initiative:

„Wissenschaften können besonders zur zivilen Konfliktlösung und gemeinsamen Entwicklung beitragen, weil sie auf der Herrschaft des Arguments beruhen und nicht auf dem vermeintlichen Recht des Stärkeren. Sie haben auch bisher große Beiträge zur Diplomatie für Frieden und Menschenrechte geleistet. Aus diesen Erfahrungen ist zu schöpfen.

Besonders kritisch sehen wir die Versuche an den Hochschulen, aber auch in den Studierendenschaften, eine offene Auseinandersetzung über die Entwicklung im Nahen Osten und den Einsatz für Frieden und Menschenrechte in den Universitäten durch politische Verdächtigungen und Zwangsmaßnahmen einzuschränken. (…) Die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit dient dem Disput, um alle Perspektiven, Kritik und Analysen produktiv zu machen. Sie sind selbst Mittel der Konfliktüberwindung durch die Herausforderung zur Rationalität, Faktenbasiertheit, Argumentativität, Analyse, zu Empathie und Perspektivwechsel – kurz: durch Aufklärung.

Wir setzen uns dafür ein

  • die Grenzen zwischen ziviler und militärischer Wissenschaft müssen erhalten bleiben. Wir treten deshalb für Zivilklauseln in den Hochschulen und Hochschulgesetzen ein und unterstützen die entsprechende Bewegung.
  • Wissenschaftskooperationen gerade dann und dort zu fördern, wo die internationalen Beziehungen spannungsreich und konfliktgeladen sind.
  • Die Stipendienprogramme für geflüchtete Studierende und „Scholars at Risk“ auszubauen.
  • Den offenen wissenschaftlichen Disput zu fördern und sich deshalb insbesondere gegen jegliche politisch motivierte Einschränkung von Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit – wie wir sie in letzter Zeit besonders in Fragen mit Bezug zum Nahostkonflikt erleben – zurückzuweisen.“

Das Studienkolleg reformieren!

Das Studienkolleg, in dem viele internationale Studierende das deutsche Abitur nachholen müssen, weil ihr eigenes hier nicht anerkannt wird, ist zwar nicht mehr so autoritär wie früher, aber verschult und bevormundend. Es ist ein strukturelles Hemmnis für Bildung und Emanzipation als eine sinnvolle Vorbereitung auf das Studium. Wir wirken deshalb dort für eine qualifizierte Politisierung und aktives Engagement für Verbesserungen. Zuletzt haben wir rund um die Wahlen zum Akademischen Senat und Studierendenparlament über die Wahlberechtigung und weitere Mitwirkungsmöglichkeiten aufgeklärt. Gemeinsam mit den Kollegsprecher:innen haben wir u.a. eine „Kandidaten-Vorstellung“ vor Ort initiiert. Zu erreichen ist vor allem, dass die Studierenden dort mehr mitbestimmen können, dass auch die Erstsemester wahlberechtigt werden und vor allem, dass das Studienkolleg viel stärker in die Uni eingebunden wird. Für eine erfreuliche Studienvorbereitung statt selektivem Lernstress!

Demokratie: Mensch, mach mit!

Als Ergebnis der studentischen Revolte von 1968 haben alle Studierenden an der Uni das Recht, sich demokratisch zu organisieren und an allen Uni-Wahlen teilzunehmen. Das Referat für internationale Studierende (RiS) ist auch Ausdruck solcher Kämpfe. Entgegen Vereinzelung im Studium informieren wir regelmäßig mit Flugblättern und über soziale Medien über Beteiligungsmöglichkeiten und Kontroversen – in Orientierungseinheiten, in Wohnheimen, im Studienkolleg, auf dem Campus und wo immer Gelegenheit dazu ist. Denn alle müssen wissen: Die Universität – das sind wir alle. Wir können sie gemeinsam und zum Nutzen der ganzen Gesellschaft verändern, wenn wir unsere Rechte wahrnehmen!

Der Kern der studentischen Demokratie ist das Studierendenparlament (StuPa). Dieses wird von uns allen gewählt und wählt seinerseits den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA). Im StuPa werden die wichtigsten Debatten der studentischen Politik geführt – zum Beispiel, wie eine Verbesserung der sozialen Lage zu erreichen ist, wie das Studium anregender und solidarischer wird, welche Verantwortung die Universität für die globale Entwicklung hat, wie die Kultur in der Studierendenschaft verbessert werden muss und wie wir gemeinsam wirksamer werden.