Wir sind traurig und zornig über den Tod unseres Kommilitonen und Freundes William Tonou‐Mbobda. William kam aus Kamerun, um hier zu studieren. Er verband damit Hoffnung für sein Land, sein Leben und unsere gemeinsame Welt. Er studierte trotz vieler Hürden zuerst an der TUHH, dann Sozialökonomie und mittlerweile im Master BWL an der Uni Hamburg. Im UKE, Klinikum unserer Universität, wurde er von sogenannten Securities am 21. April 2019 so schwer misshandelt, dass er am 26. April an den Folgen starb.Unser Kommilitone hatte sich freiwillig in die Psychiatrie des UKE begeben, um Unterstützung bei der Bewältigung einer Krise zu erhalten. Am Ostersonntagmorgen entschied er sich, die ihm verordneten Medikamente nicht einzunehmen und mit anderen Patient_innen vor dem Klinikgebäude zu entspannen. Bisherigen Zeugen‐ und Presseberichten zufolge soll die behandelnde Ärztin eine gerichtliche Anordnung zur Einweisung in die geschlossene Psychiatrie angestrebt haben, was jedoch nicht gesichert und nach bisherigem Erkenntnisstand für uns nicht nachvollziehbar ist. Obgleich nicht einmal ein für eine solche Maßnahme notwendiger gerichtlicher Beschluss vorlag, hat sie veranlasst, dass „Securities“ des UKE William ergriffen. Dabei haben diese ihn nach Augenzeugenberichten geschlagen, getreten, mit Knien traktiert und gewürgt. Die Behandlung war so grausam, dass er im Anschluss eine Stunde lang reanimiert werden musste und nie wieder zu Bewusstsein kam. William wurde umgebracht. Mutige Patient_innen, Zeug_innen, riefen die Polizei, nicht das Personal des Krankenhauses.Da dies alles bekannt ist, kritisieren wir die offizielle „Aktuelle Information zu Medienberichten“ des UKE zu dieser Untat aufs Schärfste. In Wahrheit ist es nicht, wie dort behauptet, zu einem „medizinischen Zwischenfall“ gekommen, sondern zu einer tödlichen Attacke auf einen Patienten, deren öffentliche Grausamkeit eine rassistische Motivation der Täter mehr als nahelegt. Auch sonst arbeitet das UKE in seiner Stellungnahme mit stigmatisierenden Unterstellungen gegenüber unserem Kommilitonen, die durch alle Augenzeugenberichte bereits ad absurdum geführt sind.
Wir erwarten, dass das UKE sofort:
- eine Haltung der Anteilnahme und Aufklärungsbereitschaft einnimmt ‐insbesondere gegenüber Freund_innen und Angehörigen.
- anerkennt, dass die Festsetzung von freiwillig anwesenden Patient_innen und der Zwangsvollzug einer „Behandlung“ gegen den Patient_innenwillen sowie der Einsatz von Gewalt dabei schwere Rechtsbrüche sind.
- die tatsächliche Todesursache und die medizinischen Folgen der Misshandlung aufklärt und öffentlich bekannt gibt.
- bei dieser Aufklärung unabhängigen Mediziner_innen außerhalb des UKE die Federführung überträgt.
- Patient_innen und Angehörige, die Zeugen der Tat wurden, nicht zusätzlich einschüchtert und verunsichert, sondern in ihrem Willen unterstützt, zur Aufklärung beizutragen.
- sämtliche UKE‐eigene oder externe „Sicherheitskräfte“ von jeglichem Kontakt mit Patient_innen fernhält. Insbesondere der Vollzug irgendwelcher medizinischen Anordnungen darf nie wieder solchen Diensten obliegen, sondern ausschließlich hauptberuflich medizinisch tätigem und qualifizierten Personal.
- überprüft und aufklärt, welche strukturellen und welche ausbildungsmäßigen Gegebenheiten diese brutale Tat ermöglicht oder begünstigt haben und mit der Aufarbeitung beginnt.
Wir gehen davon aus, dass das UKE aus seiner widersprüchlichen Geschichte gelernt hat und lernen will. Jegliche rassistische Diskriminierung und Morde sowie die Stigmatisierung und Entwertung von Menschen mit psychischen Erkrankungen bzw. die Pathologisierung von Menschen, die nicht konform sind, müssen für alle Zeit ausgeschlossen werden. Ein kooperatives und egalitäres Verhältnis zwischen Ärzt_innen und Patient_innen ist Bedingung einer humanistischen Medizin. In dem „Konzernleitbild“ des UKE heißt es: „Wir sorgen dafür, dass unsere Patientinnen und Patienten und ihre Angehörigen die Behandlung und Abläufe verstehen, einordnen und sich beteiligen können. Unser Erfolg ist die Patientenzufriedenheit.“ Wenn das nicht der blanke Hohn sein soll, muss sofort etwas gewaltig geändert werden.
Wir, internationale Studierende der Uni Hamburg, wollen erreichen, dass so etwas wie unserem Kommilitonen passiert ist, nie wieder passieren kann. Wir wissen, dass in unserem Leben und im UKE verschiedene Faktoren zusammen wirken: Von dem Psychoterror des Aufenthaltsrechts bis zum sozialen Stress von Studierenden, von der Kommerzialisierung und Unterfinanzierung des UKE bis zur Randstellung ethischer Fragen in der medizinischen Ausbildung, von alten Vorurteilen bis zu gegenwärtiger rassistischer Brutalisierung. Wir leben und studieren hier. Das ist unsere Universität und Stadt. Wir werden Rassismus, Gewalt, Vertuschung und Schuldumkehr nicht dulden. Alle haben die Verantwortung und Möglichkeit, überall die Würde des Menschen zu verwirklichen – hier und überall!
Die Erklärung wird unterstützt von:
Gebetswache und Kundgebung
am Tatort Universitätsklinikum Hamburg‐Eppendorf,
Klinische Psychiatrie (Haus W37)
Sonntag, den 5. Mai 2019 11 Uhr.