Am 22. Juli hatten wir die Freude, für eine Veranstaltung über den Kampf Kubas gegen die Covid-19-Pandemie unter Bedingungen der US-Blockade, den Leiter der kubanischen Infektiologie, Dr. Francisco Durán, sowie den Leiter der Europa-Abteilung des kubanischen Instituts für Völkerfreundschaft (ICAP), Rigoberto Zarza begrüßen zu können.
Sie informierten die zahlreichen Teilnehmer:innen gründlich über die Problematik von Endemien und Pandemien, besonders für die in Unterentwicklung gehaltenen Länder. Einen Schwerpunkt legte Dr. Durán dabei auf die Erläuterung der Strategie der Prävention und rasanten Impfstoffentwicklung. Kuba verfügt über vier gut verträgliche Impfstoffe; nahezu die gesamte Bevölkerung ist mindestens zweimal geimpft, und es gelingt mithilfe weniger, aber konsequenter Maßnahmen (Aufklärung, Hygiene und MNS bei größeren Menschenansammlungen und in gefährdeten Gruppen sowie Impfung), die allermeisten Menschen wirksam zu schützen. Kein einziges Kind ist auf Kuba durch Covid-19 zu Tode gekommen.
Dr. Durán hob hervor, dass aber weiterhin die Pandemie nicht gebannt ist. Hauptsächlich, weil schwer voraussehbare Virusmutationen solange kursieren werden, solange ein großer Teil der sog. Dritten Welt nicht über genügend Impfstoff und Infrastruktur verfügt. Zweitens, weil auch die Impfverweigerung in den Industrienationen dazu beiträgt. Diskutiert wurde an dieser Stelle, dass Kritik und große Skepsis gegenüber pharmazeutischen Produkten, die hier – anders als auf Kuba – primär zu Profitzwecken und nicht zu Präventionszwecken entwickelt wurden und angesichts sehr schlechter staatlicher Aufklärung nachvollziehbar ist. Hier ließen sich die strukturellen Unterschiede der Systeme deutlich erkennen: einerseits ein langfristig unter Einbeziehung der Bevölkerung und mit viel Aufklärung und dezentralem Personal aufgebautes System öffentlicher Gesundheitsvorsorge – anderseits ein kommerzialisiertes und unterfinanziertes System und eine Politik, die die Bevölkerung ängstigen statt aufklären will und die Pharmakonzerne bedient. Die Herausforderung ein nicht-kommerzielles, bedarfsgerechtes Gesundheitssystem global zu erkämpfen ist jedenfalls durch diese Pandemie für alle gestellt. Dr. Durán verdeutlichte auch, dass Covid-19 längst nicht die einzige Infektionskrankheit ist, die eine akute Bedrohung für viele Menschen, auch in der hochindustrialisierten Welt darstellt.
Der Kollege Zarza erläuterte, wie mitten in der Pandemie die US-Blockade gegen Kuba noch verschärft wurde und auch jetzt – nach Trump – nicht gelockert wird. Die Blockade ist besonders für die Gesundheit der Menschen eine Gefahr, weil sie die Bevölkerung Kubas von wichtigen Medizinprodukten (z.B. gegen Krebs, Diabetes u.v.m.) ausschließt. Umso wichtiger ist, dass Kuba in diesem Bereich mithilfe internationaler Solidarität eine gewisse Autarkie erreicht hat, die es wiederum auch zur Hilfe anderer armer Bevölkerungen einsetzt.
Rigoberto Zarza sprach auch an, dass die extreme wirtschaftliche Krise, die eine Folge der Kombination aus dauerhafter, scharfer Blockade und Pandemie ist, zu Unzufriedenheit führt, die von über die Sozialen Medien verbreiteten Illusionen über das Leben in kapitalistischen Ländern genährt wird. Dagegen wirke aber die inklusive Entwicklung der kubanischen Gesellschaft, die in einem permanenten Prozess der Vertiefung von Errungenschaften, der ökonomisch-sozialen Erneuerung und des Kampfes gegen die Blockade wachse. Deutlich wurde, wie erforderlich es ist, in der EU seitens der Bevölkerungen Druck auf die Regierungen auszuüben, dass diese die Embargo-Politik der USA nicht mehr mitmachen. Auch mehr wissenschaftlicher und Jugendaustausch sollte von Unten initiiert werden, denn es gibt viel voneinander zu lernen.
Als RiS hatten wir das Vergnügen mit unseren Gästen auch über die Veranstaltung hinaus vertieft in einen Austausch einzutreten. Bei einem historischen Campus-Rundgang und drumherum tauschten wir uns über die Herausforderungen anti-kolonialer (anti-imperialistischer) Politik heute, über die Bedeutung von Bildung und Wissenschaft und die studentische internationale Solidarität aus. Hoch erfreut waren wir auch, dass die Botschafterin Kubas uns alle den Tag über begleitet hat. Wir hoffen, bald wieder Gäste aus Kuba begrüßen und diese Erkenntnisse und Erfahrungen mit noch mehr Kommiliton:innen teilen zu können.
Wir danken für die Kooperation den Kommiliton:innen der Kritischen Mediziner:innen vom UKE, der Deutsch-Kubanischen Freundschaftsgesellschaft und der Initiative Cuba Sí!
Die Aufnahme der Veranstaltung ist auf youtube unter „Dr. Francisco Durán (Chef-Epidemiologe Kuba): Kampf gegen Corona | Kuba unter Pandemie + US-Blockade“ zugänglich.
Eure RIS