Veranstaltungstipp

Filmseminar gegen Austerität ist eine Veranstaltungsreihe der Kampagne „International solidarisch: Schluss mit Austerität!“


Zeit: Mittwoch, den 5. Januar 2022, ab 18 Uhr

Ort: Anna-Siemsen-Hörsaal (Von-Melle-Park 8 ), Universität Hamburg


Einladung

Liebe Mitstreiter*innen,

im Rahmen der Kampagne „International solidarisch – Schluss mit Austerität!“ veranstalten wir regelmäßig ein „Filmseminar gegen Austerität“ in den Hörsälen rund um den Philturm der Uni Hamburg. Mit Filmen rund um das Thema Austerität vs. Solidarität wollen wir die internationale, kulturelle und historische Bedeutung des Bruchs mit dem Neoliberalismus reflektieren – im Sommer auch wieder als Freiluftkino.

Bei der nächsten Vorstellung am Mittwoch, den 5. Januar 2022, ab 18 Uhr im Anna-Siemsen-Hörsaal (Von-Melle-Park 8) schauen und diskutieren wir zusammen den Film „Blow Up“ von Michelangelo Antonioni aus dem Jahr 1966. Wir beginnen wie immer mit einer kurzen Einführung in den Film und im Anschluss wird wieder Gelegenheit zur Diskussion geben.

Näheres zum Film:
Hinaus aus der Enge! So lässt sich vielleicht am prägnantesten der hochaktuelle Impetus des gesellschaftlichen Aufbruchs von 1968 charakterisieren, der in vielzahligen avantgardistischen Bestrebungen auf politischer, sozialer und nicht zuletzt vor allem künstlerischer Ebene bereits in den 1960er-Jahren seine Wegbereiter fand. Besonders die vibrierende, linksliberale Kulturszene Londons in den Swinging Sixties bildete dabei (neben Paris) ein reichhaltiges Inspirationszentrum für die späteren Umbrüche globaler Reichweite.

Das von normativen Moralvorstellungen, strengem Biedersinn und privatisierender Heile-Welt-Idylle geprägte kulturelle Klima der wohlstandsgetränkten Zentren des kapitalistischen Westens in den 1950er-Jahren, in denen die enorm gewachsenen Möglichkeiten des wissenschaftlich-technischen Fortschritts hauptseitig dazu dienen sollten, die gleichzeitig massiv zunehmenden Klassenkonflikte mithilfe immer neuer Konsum- und Ablenkungsangebote aus dem Bewusstsein zu verdrängen, bildeten den Hintergrund für das Aufbegehren einer vor allem jüngeren Generation auf der Suche nach Sinn, Authentizität und produktiver, menschlicher Entfaltung. Die ungezügelte Gier nach Leben fand dabei zunächst ungerichtet Ausdruck vor allem im schonungslosen Bruch mit allerlei gesellschaftlichen Konventionen – in wilden Parties, freier Liebe, Drogenkonsum, Rockmusik und neuen künstlerischen Ausdrucksformen. Nicht selten auch mündend in gesellschaftliches Engagement und politischen Aktivismus, wie bspw. in der Bewegung gegen den Vietnamkrieg.

Kaum ein Film versinnbildlicht diesen Zeitgeist so eindrücklich wie „Blow Up“, für den der italienische Regisseur Antonioni eine surrealistische Kurzgeschichte des in Paris lebenden argentinischen Schriftstellers Julio Cortázar in jenes Swinging London verlegt.

Der erfolgreiche junge Modefotograf Thomas arbeitet an einem Bildband über Londoner Fabrikarbeiter. Als er auf der Suche nach ein paar leichteren Motiven in einem nahegelegen Park ein Liebespaar fotografiert, gerät die abgelichtete Dame (Vanessa Redgrave) außer sich und verlangt die Bilder zurück. Neugierig geworden entwickelt Thomas die Bilder gegen ihren Willen und entdeckt dabei, dass er vermutlich eine Mordszenerie eingefangen hat. Obgleich mit vielerlei Ablenkungen beschäftigt und seiner Wahrnehmung nicht trauend, lassen ihn die Aufnahmen nicht mehr los. Als der Verdacht sich jedoch erhärtet und er einen Freund in die Entdeckung einweihen will, bleibt dieser gleichgültig und der Beweis für den Mord – die Leiche im Park – ist verschwunden. Desillusioniert schließt sich Thomas den „Happy People“ an, einer Gruppe von Pantomimen, die im Park ein imaginäres Tennisspiel spielt und zuvor bereits als Friedensprotestler in Erscheinung getreten ist. Sie scheinen als einzige Personen im Film echtes Interesse am Mitmenschen zu haben.

So gerät das auch filmisch mit allerlei Tabus brechende surreale Werk, atmosphärisch begleitet von der Musik Herbie Hancocks und einem szenisch-legendären Auftritt der gitarrenzerstörenden Yardbirds, nicht nur zu einer klugen, künstlerischen Reflexion über das Wechselverhältnis von Schein und Sein, Abbild und Wirklichkeit, sondern auch zu einem subtilen gesellschaftspolitischen Statement von aktueller Bedeutung. „Blow Up“ bezeichnet im Englischen nicht nur die vergrößernde Nahaufnahme eines Bildausschnitts – jener vertiefende Blick hinter die Fassade des bürgerlichen Anstands bringt Thomas auf die Spur des Verbrechens, das dahinter der lauert. Es bedeutet gleichzeitig, etwas in die Luft zu sprengen. Was als Aufforderung verstanden werden mag in Bezug auf die Ketten der Entfremdung, die jene biedermeierlich-restaurative Formierung der bürgerlichen Gesellschaft für die volle Entfaltung des menschlich-gestalterischen Potentials, humaner Anteilnahme und solidarischer Wohlentwicklung im Weltmaßstab bedeutet. 

Insofern: International solidarisch – Schluss mit Austerität!

Mehr zum Film: Blow Up (schluss-mit-austeritaet.de)


Trailer