Autor*innen: RiS-Team

Es ist nun ein Jahr vergangen seitdem unser Bruder, Freund, Kommilitone und Mitstreiter William Tonou-Mbobda ums Leben kam. Aus gesundheitlichen Gründen ging er freiwillig zur Tagesklinik der Psychiatrie im UKE, um eine Behandlung zu bekommen. Am 21. April 2019, eine Woche nach Beginn seiner Behandlung, wurde er (unter Anordnung einer Ärztin) von drei Sicherheitskräften der Klinik zwanghaft fixiert und verprügelt. Fünf Tage später ist er an den Folgen des Übergriffs gestorben.

William wurde fixiert, weil er seine Medikamente verweigerte. Jedoch ist jede(r) Patient(in) frei, Medikamente zu nehmen oder nicht. Im Fall von William lag zu dem Zeitpunkt nicht einmal ein  Unterbringungsbeschluss vor. Wir halten das gesamte Vorgehen gegen William für rechtswidrig und insbesondere die Brutalität der Security legt einen rassistischen Hintergrund nahe. Wir fordern weiter Gerechtigkeit und Aufklärung aller Umstände, die zum Tod unseres Kommilitonen geführt haben!

Die Staatsanwaltschaft ermitteln seit nunmehr einem Jahr wegen Körperverletzung mit Todesfolge gegen vier Mitarbeiter des UKE, drei Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes und eine Ärztin. Zahlreiche Zeugen, ebenfalls PatientInnen der Psychiatrie, haben entgegen starken Einschüchterungsversuchen von der Unverhältnismäßigkeit des Vorgehens berichtet. Die Angeklagten versuchen jedoch, das Verfahren zu verzögern und einstellen zu lassen, und auch das UKE zeigt kein gesteigertes Interesse an der Aufklärung. Im Obduktionsbericht ist die Rede von einer Vorerkrankung, die zum Herzversagen geführt hätte. Dennoch sieht die Staatsanwaltschaft es als wahrscheinlich an, dass der Tod durch den „körperlichen, repressiven Übergriff“* verursacht wurde und ermittelt entsprechend; ein (öffentliches) Gerichtsverfahren wurde jedoch noch nicht eröffnet.

Was allerdings durch unseren Einsatz, den Druck von der Black Community, von Freunden und Familie und linken Bürgerschaftsabgeordneten erreicht wurde, ist, dass der Ausschuss für Wissenschaft und Gleichstellung des Hamburger Parlaments sich im Dezember in einer öffentlichen Sitzung mit dem Fall von William befassen musste (s. Protokoll). Darin mussten neben dem Staatsanwalt u.a. auch Sprecher des UKE und der Gesundheitsbehörde Rede und Antwort stehen. Doch aus der allgemeinen Betroffenheit soll(t)en auf staatlicher Seite vorerst keine Konsequenzen folgen – Rassismus, Personalmangel in den Krankenhäusern, Gewalt in der Psychiatrie. Die entscheidende Frage der Berechtigung der Sicherheitskräfte, Patienten zu „behandeln“, wurden ignoriert oder heruntergespielt. Da viele Fragen offen geblieben sind und beantwortet werden müssen, hat der Ausschuss immerhin beschlossen, sich auch in dieser Wahlperiode (seit März) weiter mit dem Fall zu beschäftigen, was wir begrüßen und befördern wollen.

Im Grundgesetz Artikel 1 Abs. 1 ist festgehalten: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Doch wurde die Würde von William mit Füßen getreten – das darf in einer aufgeklärten Universität und einer weltoffenen Stadt nicht sein und so nicht stehen bleiben!  Wir bekräftigen daher zum Todestag von William unsere fünf Forderungen aus der Petition „Wir fordern Gerechtigkeit! Aufklärung über den Tod von William Tonou-Mbobda!“ und arbeiten weiter daran, dass sie verwirklicht werden:

  1. Eine öffentliche Entschuldigung und Beileid für die Familie und Angehörigen und eine offizielle Stellungnahme der Uni Hamburg zum Tod von William Tonou‐Mbobda.
  2. Die Umstände seines Todes müssen aufgeklärt und vollständig bekannt werden. 
  3. Das UKE soll die rassistischen Hintergründe der Tat aufklären.
  4. Sicherheitskräfte dürfen im Rahmen medizinischer Vorgänge keinen Kontakt zu den Patient*innen mehr haben. Insbesondere von Gewaltanwendung ist abzusehen.
  5. UKE muss von Zwangsmaßnahmen in der Psychiatrie Abstand nehmen.

Wir fügen aktuell hinzu: Insbesondere muss das Gerichtsverfahren endlich beginnen, damit die Verantwortlichen für Williams Tod zur Verantwortung gezogen werden, alle Ursachen und Hintergründe ans Tageslicht kommen und im weiteren Verlauf entsprechende politischen Konsequenzen für ein humanes Gesundheitswesen gezogen werden – jetzt erst recht!


* Wortprotokoll der öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Gleichstellung am 5. Dezember 2019

Text als PDF-Datei