Autor: Abdelkarim Fertahi
“Der Solo-Student”
Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft
haben einen Ort gefunden
wo sie zusammentreffen
die Natur und der Mensch
befanden sich auch am selben Ort
Die Zeiten ändern sich
mal ruhig mal dicht
aber wenn sie dicht
einig waren sie nicht
statt zusammenzuhalten
sind alle verschwunden
der Ort ist da
aber wo sind die anderen?
fragte sich erstaunt der Solo-Student.
Die Universitäten sind wichtig für eine solidarische, nachhaltige und positive Entwicklung der aktuellen Herausforderungen. Analyse und rationale Argumentation sind hochwirksam gegen Angst, Fake-News und Verschwörungstheorien. Wissenschaft in gesellschaftlicher Verantwortung und die universitäre Gemeinschaft brauchen Begegnung, Bezugnahme,
Diskussion, Mimik, Gestik, spontane Anregungen in einem gemeinsam belebten Raum. Für uns internationale Studierende sind ein lebendiger Campus, sind Seminare, Gruppenarbeiten und Diskussionen unentbehrlich, um die deutsche Sprache (und andere Sprachen) besser zu lernen, diesen Austausch brauchen alle.
Zusammenarbeit bringt die Menschheit ein Stück weit schneller voran als wenn man versucht, solo bzw. allein die Weltprobleme zu lösen. Heute sehen wir durch internationale Kooperation, dass der Impfstoff, auf den wir alle warten, bald zur Verfügung steht. Auch hier in Deutschland spielen Forscherinnen und Forscher mit Migrationshintergrund und internationale Forschungsnetzwerke eine große Rolle, um eine schnelle Lösung für die Corona-Krise zu finden. Kuba geht mit gutem Beispiel voran, schickt Ärzte in alle Welt und bilden tausendfach Medizinstudierende kostenlos aus. Auch für Frieden, soziale Gleichheit und die Überwindung des Klimawandels muss die Menschheit zusammenfinden und -arbeiten.
Die internationalen Studierenden sind Teil dieser Gesellschaft und werden auch morgen wie heute Teil der Forschung und die Entwicklung der Lösungen auf nationaler und internationaler Ebene sein. Aber wenn wir hören, dass die internationale Studierende, die schon von deutschen Universitäten zugelassen sind, nur einreisen dürfen wenn sie belegen, dass sie verpflichtet sind, Präsenzlehre zu besuchen. Und wenn wir hören, dass wegen der Entscheidungen, die von den Herrschenden getroffen sind, tausende Studierende in eine Notlage geraten, davon auch viele internationale Studierende – dann stimmt etwas grundlegend nicht. Als „Lösung“ wird ein Notdarlehen zur Verfügung gestellt, d.h. wir sollen tief in die Krise gestürzt werden, statt solidarisch mitzuwirken. Es gibt unzählige Probleme, die ich nennen kann, aber es gibt nicht genug Zeit. Wegen der Kolonialgeschichte und einer Weltordnung, in der der globale Norden die Staaten der sogenannten Dritten Welt in Unterentwicklung halten, versucht der Nachwuchs, sein Potential woanders zu realisieren. Jetzt sind wir hier und wollen lernen, leben und kämpfen für eine bessere Welt. Eines Tages sagte Bertolt Brecht: “Das Schicksal des Menschen ist der
Mensch”.
Dieser Text ist die Rede zur Demonstration: Solidarische Krisenlösung BILDEN – für die Öffnung der Hochschulen, am 24.11.20.