Am 2. November hat eine erste Vollversammlung der Studierenden der Uni Hamburg stattgefunden. Dort wurde sich über die soziale Lage verständigt.

Zu Beginn überraschten ehemalige Studierende, die 1968 hier studiert haben, alle. Sie begrüßten uns alle und berichteten, welche Bedeutung Vollversammlungen für die studentische Revolte der 1960er Jahre auch in Hamburg hatte. Ihr Engagement zeigt hervor, dass aktive demokratische Patizipation und internationale Solidarität ausschlaggebend gewesen sind für große gesellschaftliche Veränderungen – von der Demokratisierung der Hochschulen und Abschaffung von Studiengebühren bis zur Beendigung des Vietnam-Krieges.

Es folgte die Einbringung einer Resolution. Die sich stetig verschlechternde soziale Lage der Studierenden durch Inflation und Konkurrenz wurde in den Zusammenhang der politischen Entwicklungen in Hamburg, Deutschland und der Welt eingeordnet. In der folgenden Diskussion wurde insbesondere kontrovers erörtet, wie sehr wir als Studierende unsere Forderungen in den Kontext allgemeiner ökonomischer und politischer Entwicklungen stellen müssen, um wirksam zu sein. Zweitens wurde über die Frage diskutiert, wie wir uns zu Sanktionen und Aufrüstung positionieren wollen, die mit-ursächlich für die Inflation und Mangel weltweit sind. Es wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, die eine Diskussionsveranstaltung über Sanktionen und ihre sozialen Folgen vorbereiten soll. Die Resolution wurde entsprechend überarbeitet und beschlossen.

Zugleich wurde beschlossen, eine weitere Vollversammlung einzuberufen, um noch mehr Studierende zu organisieren und weiter zu diskutieren, wie wir gemeinsam solidarisch für die Überwindung der sozialen Krise aktiv werden können. Schließlich wurde entschieden, sich an der Kundgebung „Brot – Würde – Frieden: Für eine soziale Zeitenwende“ am 4. November zu beteiligen.

Dokumentiert: Resolution – Beschluss der studentischen Vollversammlung vom 2.11.2022

Elend ist unnötig ‐soziale und zivile Entwicklung ist möglich

Nach der Pandemie, Eindämmung und Isolation nun Krieg, Aufrüstung, Sanktionen, Preistreiberei für die Gewinn- maximierung der Energiekonzerne und Inflation. Das ist sowohl mental als auch sozial und kulturell für alle eine dringend zu überwindende Bedrängung. Mit der Politik der Kapitalbegünstigung und der Zuspitzung geopolitischer Konfrontationen auf dem Rücken der Bevölkerung und nicht unerheblich der Studierenden, muss Schluss sein. Wir brauchen eine wirkliche Wende für solidarische Entwicklung, Abrüstung und zivile Kooperation, Umverteilung und soziale Gerechtigkeit.

Als Studierendenschaft fordern wir in solidarischer Verbundenheit mit anderen Engagierten für Soziales, Bildung, Kultur und Gesundheit:

  • Der BAföG-Förder- und Elternfreibetrag müssen ab sofort monatlich an die Inflation angepasst werden. Darüber hinaus ist eine umfassende BAföG-Reform überfällig (Vollzuschuss, Alters-, Eltern- und Herkunfts- unabhängig in Höhe realer Lebenshaltungskosten, unbefristet). Weil Studierende den Kopf frei haben müssen für sozial verantwortungsvolle Wissenschaft und weil jeder Cent bei Nicht-Milliardären volkswirtschaftlich unendlich produktiver ist als in großen Aktiendepots.
  • Wohngeldanspruch und öffentliche Förderung von Studierendenwohnheimen müssen jetzt erheblich ausge- weitet werden. Darüber hinaus sind die Überführung von Vonovia und LEG in öffentliches Eigentum und ein absoluter Vorrang staatlichen sozialen Wohnungsbaus offenkundig dringend geboten. Weil wohnen ein Menschenrecht ist.
  • Das Studierendenwerk muss für alle seine Leistungen bedarfsgerecht und öffentlich finanziert werden, um den Ausbau der Studierendenwohnanlagen, Senkung der Mieten, Senkung der Mensapreise, den Ausbau der Beratungsangebote und eine angemessene Personalausstattung zu vernünftigen öffentlichen Tarifen zu schaffen. Weil das Studierendenwerk eine von Studierenden errungene, weitestgehend demokratisch organi- sierte Einrichtung ist, welche Menschen aller Schichten und verschiedener Herkunft dabei unterstützen soll, ihr Recht auf Bildung frei von sozialer Not wahrzunehmen.
  • Zwangsräumungen, Energie-, Strom- und Wassersperrungen sind akut zu verbieten und ein Preisdeckel auf Energie sowie ein bezahlbares garantiertes Grundkontingent von Strom und Gas sind einzuführen. Darüber hinaus liegt die Verstaatlichung der Energiekonzerne auf der Hand. Weil die öffentliche Kontrolle über die Energieproduktion erforderlich ist für eine soziale Preisgestaltung und die erheblich dynamisierte Umstellung auf regenerative Energien.
  • Das 9 €-Ticket ist umgehend unbefristet zu verstetigen. Darüber hinaus ist die Umstellung auf einen kosten- freien ÖPNV in öffentlicher Hand geboten. Weil Mobilität Teilhabe bedeutet und weil die Verkehrswende ein zentraler Bestandteil einer ökologisch nachhaltigen Entwicklung ist.
  • Bildungskooperation, insbesondere mit Hochschulen im globalen Süden sind Grundlage für internationale Solidarität und müssen ausgebaut werden.
  • Steuerflucht muss wirksam bekämpft, der Spitzensteuersatz für Einkommensmillionäre angehoben, eine Vermögenssteuer wieder eingeführt und eine substanzielle Erbschaftssteuer erhoben werden. Des Weiteren ist die „Schuldenbremse“ abzuschaffen. Weil Umverteilung von Reichtum auch Umverteilung politischen Einflusses bedeutet und Investition in Bildung, Soziales, Kultur, Gesundheit, öffentliche Infrastruktur eine erfreuliche Entwicklung für alle ermöglichen. Eine grundlegende Verbesserung der sozialen Lage der überwiegenden Mehrzahl ist nicht nur das demokratische Gebot der Stunde und die einzig realistische Perspektive zur Überwindung der ökonomischen Krise. Sie ist zugleich die dringend notwendige Ermöglichung persönlicher Teilhabe an der Gestaltung der gemeinsamen Lebensbedingungen, der produktiven Entfaltung des gesellschaftlichen Menschseins und mithin der Verwirklichung menschlicher Würde im globalen Maßstab.

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